Dieser Moment: Wenn man in der Safari Zone steht, den Rucksack voller kleiner, rotweißer Bälle. Bereit, geworfen zu werden. Aber man muss warten. Den richtigen Moment abpassen. Eine falsche Entscheidung und die Mühen waren umsonst. Deswegen überlegt man sich auch eine Strategie, man denkt taktisch. Also, der erste Schritt: Man exponiert sich. Zeigt die eigene Anwesenheit, läuft hierhin, schlendert dahin, alles mit dem Ziel, gesehen zu werden. Kleine Köder, in der Hoffnung, die Beute würde anbeißen. Und wenn sie es tut, dann gilt es, umso vorsichtiger zu sein. Nur nicht übertreiben. Man sucht nach den Schwachstellen des Gegenübers, um ihn weichzumachen.
Sieh her, was ich kann – Willst du mir nicht f o l g e n ?
Und dann, wenn man glaubt, den anderen sicher zu haben, wirft man den Ball.
Tauros ist geflohen.
Mist.
So wird das nichts! Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich es bis heute nicht geschafft. Ein wildes Tauros konnte mich in die Verzweiflung treiben. Immer wieder habe ich mich in die Safari-Zone begeben, immer mit prallgefülltem Rucksack und jeder Menge Hoffnung. Und jedes Mal ist es mir entwischt, egal, wieviel Mühe ich mir mit ihm gegeben habe. Neidvoll habe ich auf den Game Boy Color meines Bruders gestarrt und musste mit ansehen, wie er mit seinem Grusel-Gengar - (Wer bitte schön sucht Pokémon nach Stärke aus und nicht danach, welches am süßesten und knuddeligsten ist???) - das wilde Tauros einkassierte.
Die Zeiten als Pokémon-Trainer liegen schon lange zurück und ich habe sie trotz meiner innigen Fanliebe aus Grundschulzeiten auch nicht durch Go wiederaufleben lassen. Dennoch fühle ich mich aktuell ein bisschen in mein damaliges Universum zurückversetzt. Ein ganz klein wenig ist es nämlich so, als hätte ich wieder die Safari-Zone betreten. Als würde ich versuchen, wilde Taurosse - (Ist das der Plural?) - einzufangen. Oder Mew. Die Social Safari hat mich erst angelockt und mich nun eingefangen. Seit Jahren habe ich ihr aus der Ferne zugesehen, mit begrenztem Interesse. #instagram? Nein, danke. Ich habe ja schon Facebook. Und Whatsapp. Das ist genug Arbeit. Und meine Freunde sehe ich sowieso lieber privat.
Denkste.
Die Social Safari bietet nämlich viel mehr. Schließlich ist es eine Plattform, die sich praktisch überallhin erstrecken kann, von hier bis jenseits der Zinoberinseln. Jeder, der mit dem Gedanken spielt, auch nur das Geringste an die Öffentlichkeit zu bringen, kommt um ihr Mekka wohl kaum herum. Autoren sind heutzutage auf Instagram. Verlage auch. Buchblogger sowieso. Und natürlich am wichtigsten: Jede Menge Leser. Das habe ich auf der Frankfurter Buchmesse 2017 nicht nur einmal gehört. Ein moderner Autor darf sich nicht in seiner einsamen Schreibecke verkriechen und davon träumen, dass ein Verlag aus Versehen über seine Texte stolpern wird. Er muss seinen Laptop, sein wichtigstes Arbeitswerkzeug, für die Welt öffnen und sich in den Sozialen Dschungel wagen. Also gut, dachte ich. Instagram, du hast mich. Zumindest hast du den Teil von mir, der zwei Manuskripte geschrieben hat und darauf hofft, irgendein Mensch auf dieser Welt würde sich jemals dafür interessieren (und dieser Teil ist vermutlich ein wenig verzweifelt und daher besonders anfällig für jede Art von Köder). Das Fiese ist natürlich, dass das im Grunde niemanden interessiert. Lilian ist jetzt bei Instagram – Schön. Darauf hat vermutlich rein gar niemand gewartet, noch nicht mal meine Freunde, denn die sehen mich doch (hoffentlich) auch lieber privat. Wenigstens Instagram freut es vielleicht, ein neues Mitglied zu haben. Wenn überhaupt.
Also: Anmelden, Bild hochladen, Verlag finden und Friedefreueeierkuchen funktioniert tatsächlich nicht.
Ich bin und bleibe weiterhin ein Niemand, ein winziger Kolibri unter Millionen von Safari-Bewohnern, der noch so heftig über die Tasten schwirren kann, aber dadurch trotzdem keinen Sturm auslöst. Höhere Reichweiten verlangen offenbar den Durchbruch einer gewissen Schallmauer und diese scheint frühestens im vierstelligen Bereich anzufangen. Zumindest hat bei mir bisher kein Verlag angeklopft. Aber ist es denn wirklich entscheidend, wie viele Abonnenten man hat? Fünfzehn Tipps für mehr Follower auf Instagram. Anschleichen, auf sich aufmerksam machen, ködern, Ball auswerfen. Folgst du mir, folg’ ich dir. Vielleicht. Die Jagd beginnt. Ein bisschen wie ein Game-Boy-Color-Spiel. Und zugegeben: Instagram steckt wirklich an. Aber nicht wegen der Jagd – die ist eher anstrengend, noch anstrengender sogar, als ich sie mir vorgestellt habe. Instagram ist deswegen toll, weil man dort wunderbar kreative Menschen kennenlernen und sich inspirieren lassen kann. Und das täglich neu und immer wieder. Pokémon hat schließlich auch ohne Tauros und Mew Spaß gemacht. Ich war immer großer Fan von Myrapla und Pummeluff.
Es geht wohl doch nicht um die reine Zahl. Sondern darum, sich mit Menschen zu vernetzen, die sich vielleicht tatsächlich für das interessieren, was man macht, es geht um Austausch, Inspiration und manchmal auch einfach nur darum, etwas Schönes anzuschauen.
Wie auf einer Foto-Safari eben. Als ich einem Fotografen erzählt habe, dass man als Autor heutzutage ein gutes Instagram-Profil bräuchte, hat er mich gefragt, was das bringen sollte. Wichtig sei doch nur, was ein Autor schreibt. Recht hat er. Aber Fotos sind trotzdem was Feines.
Gedanken vom 07.02.18
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